Oma | 1. Beziehungen


In der Beitragsreihe „Oma“ möchte ich über Dinge schreiben, die ich von meiner Oma lerne, erfahre habe oder über die ich einfach nur schmunzeln kann. Ich verbringe mit meiner Oma seit einem Jahr so viel Zeit wie noch nie in meinem Leben, da ich ganz in die Nähe von ihr gezogen bin. 
Wichtig ist vielleicht auch zu sagen, dass wir genau 70 Jahre Altersunterschied haben, und natürlich dadurch in verschiedenen „Welten“ aufgewachsen sind.


Das erste Thema dem ich mich widmen werde ist Liebe, Beziehung und was damit zusammenhängend. Männer.

Meine Oma hat eine Entscheidung in ihrem Leben getroffen, die ihr bis heute das Leben versüßt und es ihr auf der anderen Seite versaut hat. Sie hat einen Mann geheiratet, um finanziell abgesichert zu sein. Wie viel Liebe im Spiel war kann ich aus meiner Perspektive nicht sagen, da ich den Mann nie kennengelernt habe, aber aus Erzählungen meiner gesamten Familie geht hervor, dass Geld auf jeden Fall eine der Hauptmotivationen war. Dadurch dass ich diesem Teil der Geschichte meiner Oma kenne, kann ich nachvollziehen warum sie aus meiner Sicht oft unangebrachte Kommentare zu Männern und Beziehungen macht.
„Kann er dich denn auch versorgen?“
Das war so ungefähr der erste Satz den ich von meiner Oma gehört habe, als ich ihr von meinem letzten Freund erzählt habe. Ich hatte nie das Gefühl, dass ihr alles andere egal war, aber der Beruf meines Freundes und meine Absicherung, die sie damit verbindet, war anscheinend das Wichtigste für sie. 

„Manchmal muss man den Männern einfach recht geben“
Einfach nett lächeln und nicken. Das nette Mädchen, das sich unterordnet und seinen eigenen Willen und seine eigene Meinung auch mal hinanstellt. Das ist die Erziehung die junge Mädchen vor 50 Jahren noch vermittelt bekommen haben. Während wir heute von Gleichberechtigung und starken, eigenständigen Frauen erzählen, haben die Mädchen in der vorletzten Generation noch ganz andere Werte vermittelt bekommen. Sie waren nicht immer eine eigene, angesehen Person, sondern eben „die Frau von…“.

Wenn man sich die Zeit in der meine Oma aufgewachsen ist mal genauer anschaut und ihren Erzählungen zuhört, wird einem auch schnell klar warum sie diese Ansichten hat. Für mich ist es aber dennoch schwer ihr Ratschläge unkommentiert zu lassen. Für Frauen aus der Generation meiner Oma waren Männer die Absicherung fürs Leben und oft auch der Lebensmittelpunkt der Hausfrauen. Wenn ich mir heute meine Beziehung ausmale, hoffe ich dass ein Mann mein Leben bereichern kann, aber er soll es nicht ausmachen.

Und doch höre ich mir die Ratschläge meiner Oma immer wieder gerne an. Ich lächle dann nett, sage „Ja, Oma.“ und kann nur mit dem Kopf schütteln, wenn ich später noch einmal über ihre Aussagen nachdenke. Und ich weiß auch, dass ich die Einstellung einer 90-Jährige nicht mehr ändern werde.

Bild Bald. Marina. 

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